Am vergangenen Samstag, den 23.4., haben über 60 Initiativen und Organisationen, die in Berlin Geflüchtete unterstützen, über den vom Berliner Senat vorgelegten Entwurf für den „Masterplan für Integration und Sicherheit“ diskutiert. Die Gesprächsrunden ergaben vielfältige Ergebnisse, wie es den unterschiedlichen Perspektiven der Initiativen entspricht. Die Anwesenheit von Betreibern, Hauptamtlichen aus den Bezirks- und Senatsverwaltungen sowie Geflüchteten selbst rundeten die Vielfalt ab. Dabei war es nie Ziel der Diskussion, zu einer von Allen geteilten Positionierung zu finden, sondern miteinander über den Inhalt und die Ausrichtung des Masterplans ins Gespräch zu kommen.
Die Anwesenden kritisierten grundsätzlich den eng gesetzten Zeitrahmen zwischen Veröffentlichung und der bald bevorstehenden Verabschiedung des Masterplans durch den Senat. Zudem hätte eine Beteiligung der Initiativen und der Geflüchteten vorgesehen werden müssen.
Folgende Hauptkritikpunkte wurden im Laufe der Diskussion deutlich:
- Partizipation: Die politische Diskussion um Integration und das Zusammenleben der Menschen in dieser Stadt muss mit allen gemeinsam geführt werden – der Politik, der Verwaltung, der Ehrenamtlichen und insbesondere mit den Geflüchteten selbst. Die Qualität und Ausrichtung des vorliegenden Entwurfs des Masterplans leidet erheblich an der unzureichenden Beteiligung der Zivilgesellschaft und der Geflüchteten an der Diskussion. So geht viel Know-How ungenutzt verloren.
- Gleiche Rechte für alle: Die geplanten Vorhaben erzeugen eine Teilung der geflüchteten Menschen in gewünschte und weniger gewünschte Gruppen. Dies zeigt sich u.a. beim Zugang zu Sprachkursen und Bildungsangeboten, bei der medizinischen Versorgung, dem Zugang zum Arbeitsmarkt sowie der geplanten Einrichtung von EAE+-Standorten zur Unterbringung von Menschen mit „sicherer Bleibeperspektive“. Wir fordern gleiche Rechte für alle statt einer Teilung der Menschen in Geflüchtete erster und zweiter Klasse.
- Konkrete Umsetzung: Der Masterplan benennt viele grobe Zielsetzungen, aber wenig konkrete Angaben zur Umsetzung. Es fehlen durchweg Angaben zu Finanzierung sowie zu konkreten Zahlen an zu schaffenden Stellen und zu Zielmarken, wie viele Menschen jeweils mit den vorgeschlagenen Maßnahmen erreicht werden sollen und können
- Integration und „Sicherheit“: Die thematische Verknüpfung der Themen Integration/Migration und Sicherheit ist hochgradig problematisch. Der Titel und der Fokus des Kapitels „Sicherheit“ suggerieren eine vermeintlich erhöhte Gefährdung der hier lebenden Bevölkerung durch die aktuellen migrationspolitischen Entwicklungen. Gleichzeitig kommen die notwendigen Maßnahmen gegen rechte Mobilisierung und rechte Gewalt zu kurz
Anliegend sind die in verschiedenen Workshops entstandenen Kritikpunkte, Forderungen und Verbesserungsvorschläge zu den einzelnen Kapiteln des Masterplans aufgelistet. Diese sind, wie der Masterplan selbst, unterschiedlich konkret. Diese spiegeln die Vielfalt der anwesenden Personen wieder. Die erarbeiteten Kritikpunkte und Forderungen sind nicht lediglich eine Vorlage zur Verbesserung des Masterplans. Vielmehr soll eine Richtung für eine weiterführende Diskussion mit Zivilgesellschaft und Politik in aktuellen stadt- und migrationspolitischen Fragen entwickelt werden – auch und gerade nach der Verabschiedung eines solchen Masterplans und angesichts der bevorstehenden Wahlen im Land Berlin.
Wir fordern den Senat dazu auf, diese Punkte in den Masterplan aufzunehmen. Zudem stellt für uns diese Veranstaltung und deren Dokumentation ein Beginn zum Austausch und Diskurs dar. Gerne stehen wir für ein Gespräch über die wesentlichen Punkte und einen weiteren Austausch zur Verfügung.
Kontakt:
Titus Laska, titus.laska@buendnis-neukoelln.de, 0176-38428480
Amei von Hülsen-Poensgen, amei@willkomen-im-westend.de, 0178-2044873
Anwesend waren (in privater Funktion) unter anderem Mitglieder und MitarbeiterInnen folgender Organisationen und Initiativen:
Angehört, Berlin für Alle, Berliner Stadtmission, Berliner Verein für Integration e.V., Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf, Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, Bündnis Neukölln, Bündnis für bedingungsloses Bleiberecht, CJD Berlin-Brandenburg, Central Aufnahmeeinrichtungen Betriebs GmbH , Charlottenburg hilft, Collectif des Olieux (Lille), Flüchtlingsinitiative Klausener Paltz, Friedrichshain hilft, Happy Moments e.V., Hockey Hilft e.V., Interventionistische Linke (IL), Islamische Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands (IGS), Job Point Berlin-Mitte, Kirchenkreis Charlottenburg-Wilmersdorf, Kollegium für Bildung und Arbeit, Kreuzberg hilft, LAGeSo, Landesweiter Koordinierungsstab für Flüchtlingsmanagement (LKF), Lichtenberg Hilft, Malteser Hilfsdienst, Migrationsrat Berlin-Brandenburg, Mitglieder des Abgeordnetenhauses, Moabit hilft, Multitude e.V., NARUD e.V., Netzwerk Berlin hilft, Oase Berlin e.V., Pankow hilft, Paritätischer Wohlfahrtsverband, Paten-Projekt NUK Winsstraße, Pfefferwerk Stadtkultur gGmbH, Refugees Welcome Berlin-Reinickendorf, Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV), STZ Divan, Salam e.V., Schnell-Helfen e.V., Social Collective, Tempelhof hilft/THF Welcome, Unterstützerkreis Rahnsdorf, Volkssolidarität, Welcome2Stay, Weltweit e.V., Willkommen im Westend, Willkommensbündnis Steglitz-Zehlendorf
Ergebnisse der einzelnen Workshops lesen auf den Seiten von Berlin-hilft
oder herunterladen als PDF: Initiativen-Stellungnahme-Masterplan-20160426
Dank an Frau Grote vom Bezirksamt Charlottenburg für die Unterstützung bei der Organisation und die Partnerschaft für Demokratie und den Flüchtlingsrat Berlin für die finanzielle Hilfe.