Um 19 Uhr war der Gemeindesaal der evangelischen Kirchengemeinde Neu-Westend so voll, dass in die ungeheizte Kirche umgezogen wurde und auch die war dann bis auf den letzten Platz besetzt.
1. Allgemeine Begrüßung durch Pfarrer Frank Vöhler und Bezirksstadtrat Engelmann
2. BVV-Vorsteherin Stückler verliest die am Tag zuvor einstimmig beschlossene Resolution:
„Alle in der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf vertretenen Parteien heißen die Flüchtlinge, die in Kürze in der Unterkunft Eschenallee erwartet werden, herzlich willkommen.“
3. Staatssekretär für Soziales Gerstle beschreibt allgemein die Situation der Geflüchteten in Berlin und im Bezirk.
Zur Eschenallee:
Laut ursprünglicher Planung sollte der Betreiber die Gebäude auch „ertüchtigen“*). Ende Januar wurde beschlossen, dass diese Aufgabe das Land Berlin vornimmt. In der Folge gab es widerholte Verzögerungen bei der Ausschreibung. Das aktuelle Verfahren endet am 25.02., erst dann ist der Träger der Einrichtung bekannt.
[Ein Team der Abendschau kommt und macht im Bereich hinter der Kanzel Aufnahmen.]
Ab 02.03. soll die ehemalige Klinik in der Eschenallee, vorerst das Haus 3, für die Dauer von 6 Monaten als Notunterkunft mit 300 Plätzen betrieben werden. Gleichzeitig werden Arbeiten an zwei weiteren Gebäuden geplant, so dass nach den Vorstellungen des Landes Berlin eine Unterkunft für 500 Menschen entstehen soll.
4. Antworten auf die Fragerunden aus dem Publikum:
* Herr Gerstle will die Anregung aus dem Publikum aufnehmen und sich beim LaGeSo dafür einsetzen, dass in den Räumen der Eschenallee vorrangig Kranke, Alte und Familien mit Kindern untergebracht werden, die teilweise schon seit Dezember unter unzumutbaren Bedingungen in Berliner Turnhallen leben.
* Eine Arbeitsgruppe auf Staatssekretärsebene beschäftigt sich mit einem Konzept zur Unterbringung, Infrastruktur (Schulen, Kitas usw.), Integration, Arbeit, Finanzierung usw. Als erstes Ergebnis daraus wurde Anfang Januar angekündigt, dass die Bezirke zwei zusätzliche Stellen für Koordinationsaufgaben erhalten sollen.
* Es soll früher geprüft werden, welche Einrichtungen in Frage kommen können, um eine frühzeitigere Information der Bezirke und deren bessere Vorbereitung zu ermöglichen. Hier sollen künftig vor allem landeseigene Immobilien und Grundstücke (für Container?) in Betracht gezogen werden.
* Zurzeit kommen die meisten Asyl Suchenden aus Syrien, aber auch Mazedonien, Bosnien und zuletzt dem Kosovo.
* Die bisherigen Erfahrungen der Polizei an anderen Orten bestätigt, dass es nirgendwo zu einem signifikanten Anstieg von Delikten in der Umgebung von Wohnheimen kommt. Diese Aussage unterstützen auch der Pfarrer der Gemeinde und Herr Engelmann, der regelmäßigen Austausch mit der Polizei pflegt.
* Herr Engelmann hat Listen dabei, in die sich freiwillige Helfer_innen eintragen können. Diese werden mutmaßlich der bezirklichen Ehrenamtskoordination weitergereicht.
* Herr Pfarrer Vöhler weist auch auf WiW hin und dass es sinnvoll ist, erst herauszufinden, welche Unterstützung gebraucht wird, anstatt wahllos zu spenden. Weiterhin beschreibt er kurz die Situation der Geflüchteten im Zusammenhang mit dem LaGeSo.
* Laut Herrn Engelmann kann der Kinder- und Jugendgesundheitsdienst im Notfall helfen, ansonsten ist der jeweilige Betreiber der Einrichtung für die gesundheitliche Versorgung verantwortlich
* Nach Aussage von Stadträtin Jantzen bestehen bisher keine Probleme bei Schulplätzen. Im Zusammenhang mit den Notunterkünften war die Verwaltung zu Beginn jedoch etwas überfordert. Räume und pädagogisches Personal für Willkommensklassen für die zukünftigen Kinder aus der Eschenallee gibt es schon oder werden gerade eingestellt.
* Frau Jantzen weist darauf hin, dass es in Heimen unbedingt genügend Gemeinschaftsräume geben muss.
Auf dem Gelände sollte es ausreichend Gebäude/Räume für Gemeinschaftliches, Ehrenamtliches geben. Über die Nutzung im Einzelnen entscheidet aber dann der Betreiber. Im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens hat aber auch der Bezirk Einflussmöglichkeiten auf die Ausgestaltung des Areals.
* Eine jugendliche Anwohnerin der Soorstraße berichtet von anfänglichen Skepsis und Misstrauen, die sich danach als grundlos herausgestellt hatten. Sie fühle sich sicher. Zu Anfang war es nur morgens und abends etwas lauter in der Umgebung (das wäre ihr älterer Bruder aber auch öfters).
* Eine Dame sieht die Unterbringung vieler Menschen an einer Stelle kritisch und spricht sich für mehr Dezentrallisierung aus.
* Befürchtungen, es könnte in der Eschenalle zu „Verhältnissen wie in der Gerhart-Hauptmann-Schule“ kommen, erwidert Stadtrat Schulte mit der Aussage, dass es in Charlottenburg-Wilmersdorf ordentliche Baugenehmigungsverfahren gebe und vergleichbare Situationen daher nicht entstehen könnten. Ansonsten wäre er stolz, dass in der hiesigen BVV alle Parteien an dieser Stelle einig wären und sich keine über das Thema Flüchtlingsunterbringung profilieren wolle.
* Der Pfarrer der Gemeinde betont, dass es in der Soorstraße und am Eichkamp so vergleichsweise gut läuft, liege vor allem an den vielen ehrenamtlichen Helfer_innen.
* Felicitas fasst kurz die Geschichte von WiW zusammen, ebenso die aktuellen Aktivitäten. Wir freuen uns über eine baldige Eröffnung der Eschenallee, insbesondere angesichts der katastrophalen Situation der Unterbringung in den Sporthallen. Nicht die Zahl der Gekommenen ist schwierig, sondern die Art der Unterbringung – auch wir sind für dezentrale Unterbringung – und wir würden uns freuen, wenn die Gebäude in der Eschenallee eine Art Begegnungszentrum würden.
* Nadia Rouhani lädt als Vorsitzende des Integrationsausschusses zur Besichtigung des Hauptgebäudes der Eschenallee am Montag um 17 Uhr ein.
* Der Vorschlag eines Herrn, lieber Wohnungen anzumieten, begegnet Herr Gerstle mit dem Hinweis auf die Schwierigkeiten und beschreibt, in wie vielen (= wenigen) Fällen das zuletzt gelungen ist.
* Eine Unterstützerin aus Neukölln bittet darum, eventuell überschüssige Spenden an die dortigen Unterkünfte weiterzugeben.
* Herr Schulte weist auf den gestrigen Brief der in der BVV vertretenen Parteien an Bischof Dröge hin, er möge das ehemalige Studierendenwohnheim in der Krummen Straße als Unterkunft zur Verfügung stellen.
* Laut Pfarrer Vöhler leisten auch orthodoxe Kirchengemeinden sehr viel, insbesondere für ihre geflüchteten Angehörigen.
* Ein Herr aus der Akazienallee erkundigt sich nach der professionellen Begleitung der erwarteten 300 – 500 Leute bei der Integration. Wie sieht es mit der Sicherheit aus, nicht nur für die Nachbarschaft, sondern auch für die Flüchtlinge. Er möchte weder Pegida, noch schlimmere Gruppierungen im Kiez haben. Hier verweist Herr Gerstle wiederum auf den künftigen Betreiber und dessen Verpflichtungen.
Angeblich hat auch das LaGeSo Möglichkeiten für Betreuung, medizinische Versorgung, ein Traumazentrum, u. a.
Frau Jantzen beklagt, dass in den Jugendämtern Personal für nötige Aufgaben fehlt. Eine wachsende Stadt braucht mehr Personal!
* Eine Anwohnerin aus der Eschenallee möchte wissen, wie man sich auch an der Planung des Geländes beteiligen könne. Weiterhin lobt sie insbesondere Amei für die bisherige Koordination. Sie reicht Sammelbüchsen mit der Bitte um Geld für Waschmarken herum.
* Eine Vertreterin der Ehrenamts-Initiative Klausenerplatz bittet darum, keine Scheu zu haben, sich als Unterstützer_in zu beteiligen
Inzwischen frieren alle und die ersten gehen.
5. Herr Engelmann kündigt eine weitere Veranstaltung an, sobald es einen Träger für die Unterkunft in der Eschenallee gibt. Informationen sollen auch auf den Internetseiten der Gemeinde Neu-Westend veröffentlicht werden.
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*) ertüchtigen (Verwaltungssprache): sanieren, modernisieren